Kassandra
Kassandra, Cassandra, Alexandra, griech. Mythos:

Tochter des trojan. Königs Priamos und der Hekabe. Apoll verlieh ihr die Gabe der Weissagung, versagte ihr aber (da sie seine Werbungen zurückwies) die Kraft zu überzeugen. So sagte sie - ohne dass jemand ihren Prophezeiungen Glauben schenkte - den Untergang Trojas voraus und warnte vergeblich vor dem hölzernen Pferd (daher heißen unbeachtete Warnungen Kassandrarufe). Bei der Eroberung von Troja wurde sie von Aias (dem Lokrer) vom Altar der Athene gerissen und (einem Teil der Überlieferung zufolge) geschändet; nach Trojas Fall wurde sie Agamemnons Sklavin und mit diesem von Klytämnestra erschlagen. - Bereits Homers >Odyssee< erzählt von Kassandra. Ihr verkanntes Sehertum erhielt in der >Orestie< des Aischylos seine myth. Begründung; hier wie in den >Troerinnen< des Euripides weiß sie um Agamemnons und den eigenen Tod. Nach dem Epos >Alexandra< (um 295 v. Chr.) des Lykophron hat erst wieder Schiller den Kassandra-Mythos als selbstständigen Stoff behandelt (Gedicht, 1802). Christa Wolfs Erzählung (1983) macht, ohne vordergründige Aktualisierung, die Tragik dieses Frauenschicksals nachvollziehbar.

Zahlreich sind ihre Darstellungen in der bildenden Kunst der Antike. Ihre Tötung ist u. a. auf einem Bronzeblech aus dem Heraion von Argos (7. Jh. v. Chr.; Neapel, Museo Archeologico Nazionale) dargestellt, ihre Schändung findet sich häufig auf griech. Vasen, Schilden, etrusk. Urnen und Spiegeln. Aus der Neuzeit ist v. a. die Plastik M. Klingers zu nennen.

 

Quelle:
Der Brockhaus: Enzyklopädie in 24 Bänden.